Ihre Coverversion von „Titanium“ aus dem Jahr 2011 wurde auf YouTube über 16 Millionen Mal angeklickt. Haben Sie mit dem Erfolg gerechnet?
Cheyenne Alice: Nein. Eigentlich wollte ich die Aufnahmen nur mit meinen Freunden teilen. Dass das Video dann so viel Aufmerksamkeit bekam, hat mich überrascht. Aber ich bin schon stolz darauf.
Danach wurde es bis Anfang 2017 ruhig. Was ist in der Zwischenzeit passiert?
Cheyenne Alice: Ich habe zunächst das Gymnasium in Bregenz beendet und anschließend vier Monate in Thailand verbracht. Während dieser Zeit bin ich persönlich und auch stimmlich gereift. Nebenbei habe ich ständig Musik gemacht, wenn auch nicht öffentlich. Überhaupt begleitet mich die Musik schon mein ganzes Leben.
Sie waren also schon als Kind musikalisch?
Cheyenne Alice: Ja. Bevor ich überhaupt richtig sprechen konnte, habe ich schon bei Liedern, die im Radio gespielt wurden, mitgesungen. Meine Eltern haben mein Talent glücklicherweise früh erkannt und mich gefördert. Ich gehörte einem Kinderchor an und spielte bei verschiedenen Musicals mit. Auf der Bühne fühlte ich mich einfach wohl und habe deshalb auch viele Hauptrollen in den Stücken übernommen. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir ein Auftritt als Pippi Langstrumpf. Da durfte ich beim Singen Räder schlagen und Schokoladentaler ins Publikum werfen. Das war für mich als Kind ein Highlight.
Wann haben Sie begonnen, die Stimme zu trainieren und Gesangsunterricht zu nehmen?
Cheyenne Alice: Mit 13 wurde mir klar, dass ich eines Tages als Solo-Sängerin auftreten möchte. Seitdem widme ich mich meiner Stimmbildung und nehme Gesangsunterricht.
Gibt es Musiker, die Sie inspirieren, Vorbilder sind?
Cheyenne Alice: Natürlich gibt es in der Musikszene einige großartige Stimmen, wie beispielsweise Adele oder John Mayer. Allerdings möchte ich mich nicht an deren Musikstil orientieren, sondern einfach mein eigenes Ding machen.
Deshalb haben Sie am Freitag auch Ihre erste Single auf den Mark gebracht. Wovon handelt der Songtext?
Cheyenne Alice: Wie der Titel „Rewind our Love“ (Spule unsere Liebe zurück) schon verrät, geht es um eine verlorene Liebe und den Wunsch, diese noch einmal zu erleben. Ich habe den Text zwar nicht selbst geschrieben, allerdings ist Liebeskummer ein Thema, mit dem sich wahrscheinlich jeder identifizieren kann.
Die männliche Hauptrolle im Musikvideo spielt Ihr Freund Nick. Wie geht er damit um, dass Sie in der Öffentlichkeit stehen?
Cheyenne Alice: Wir teilen die Leidenschaft zur Musik, und es war schnell klar, dass er diesen Part im Video übernehmen würde. Er ist sehr stolz auf mich, genau so wie meine Familie und meine Freunde.
Sie wohnen mittlerweile in Wien, studieren Medien-, Musik- und Eventmanagement. Wie wichtig ist der Kontakt zur Familie in Vorarlberg?
Cheyenne Alice: Sehr wichtig. Ich bin ein Familienmensch und verbringe meine Ferien oft in Bregenz. Mein Bruder Laurence fotografiert außerdem sehr gerne und hat auch das Coverfoto für „Rewind Our Love“ gemacht. So kann ich Privat- und Berufsleben kombinieren.
Hat der Erfolg der vergangenen Jahre Neider gebracht? Oder haben Sie durch den Erfolg Freunde sogar verloren?
Cheyenne Alice: Verloren würde ich nicht sagen. Klar gab und gibt es Neider oder solche, die mir meinen Erfolg nicht gönnen. Auch beruflich bin ich in der Vergangenheit an Menschen geraten, die nicht das waren, wofür sie sich ausgaben. Meine Familie hat mir bei solchen Rückschlägen immer geholfen und mich ermutigt. Ich habe dann schnell gemerkt, wer meine wahren Freunde sind.
Auch unter Ihren YouTube-Videos stehen manchmal negative Kommentare. Wie gehen Sie damit um?
Cheyenne Alice: Ich denke mir, die Leute sollen reden, was sie wollen. Was ich nicht leiden kann, das sind sexistische Kommentare.
Werden Sie oft mit Sexismus konfrontiert?
Cheyenne Alice: Die Musikbranche ist leider generell sehr oberflächlich. Ich finde es schade, dass in diesem Bereich oft Schönheitsideale vorherrschen, denen nachgeeifert wird, und Künstler oft nur wegen ihres Aussehens erfolgreich sind und gefeiert werden.
Dieses Denken wird oft auch Casting-Shows nachgesagt. Haben Sie es jemals in Erwägung gezogen, an einer solchen Show teilzunehmen?
Cheyenne Alice: Nein. Ich würde nie an einer Castingshow teilnehmen. Meiner Meinung nach, werden Frauen dort als Objekte gesehen. Ich möchte für meine Musik bewundert werden und nicht für mein Aussehen. Zudem sind die Gewinner solcher Fernsehformate oft nur einige Monate bekannt und verschwinden danach wieder. Das ist nicht mein Ziel.
Ihre Single ist seit zwei Tagen auf dem Markt, wie waren die jüngsten Tage vor der Veröffentlichung für Sie?
Cheyenne Alice: Ich war nervös, konnte es kaum erwarten, das Lied zu präsentieren. Mein Team und ich arbeiten seit vergangenem November daran, und die Zeit, bis der Song jetzt veröffentlich wurde, war eine sehr aufregende. Es erfüllt mich schon mit Stolz, endlich ein Lied präsentieren zu können, bei dem nicht „Cover“ dabei steht.
YouTuberin Bibi Heinicke hat vergangene Woche ihre erste eigene Single veröffentlicht und sehr viel negative Kritik bekommen. Hatten Sie Angst vor den Reaktionen im Internet?
Cheyenne Alice: Angst hatte ich keine. Ich denke, es gehört viel Mut dazu, einen eigenen Song der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dass Bibis Lied so schlecht ankam, finde ich schade, aber ich weiß, was ich kann, und hoffe natürlich, dass die Reaktionen auf „Rewind Our Love“ positiv sind und das Lied gut ankommt.
Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Cheyenne Alice: Neben meinem Studium möchte ich dieses Jahr weiter an meiner Musikkarriere arbeiten. Ich denke, dass es noch einiges von mir zu hören geben wird. Und eine zweite Single ist bereits in Planung.
Saskia Heel
„ Musikalität ist wichtiger als Schönheit“
